St. Michael
Das alte, neue Mitglied der Pfarreiengemeinschaft
Geschichte und Gegenwart der Pfarrei St. Michael Bertoldshofen
Mit der Aufnahme der Bertoldshofener Pfarrei St. Michael in der Pfarreiengemeinschaft Marktoberdorf kommen zwei Pfarreien zusammen, die schon seit Hunderten von Jahren geschichtlich eng verbunden sind. Denn in Bertoldshofen gab es spätestens um das Jahr 800 einen Reichshof, dessen Kirche ein Vorgängerbau von St. Martin in Marktoberdorf war. Das Dorf Bertoldshofen, das urkundlich erstmals 1265 erwähnt wurde, und seine umliegenden Weiler befanden sich zunächst in adligem Besitz. Später gingen sie nach und nach an das Hochstift Augsburg über, das den Ort zu seinem Verwaltungssitz für die Region machte. 1388 wurde dieser dann nach Nesselwang und spätestens 1432 nach Oberdorf verlegt. Seelsorgerisch gehörte Bertoldshofen wie Oberdorf bis ins 15. Jahrhundert hinein zur Urpfarrei Altdorf, obwohl es an beiden Orten schon seit Jahrhunderten eigene Gotteshäuser gab. 1443 entstand dann die eigenständige Pfarrei St. Michael in Bertoldshofen, die mit der bereits existierenden Pfarrei St. Sebastian in Burk zusammengelegt wurde. Letztere war 1325 vom Adelsgeschlecht der Fraß von Wolfsberg, den Herren der Burg, die sich auf dem Schloßberg zwischen Bertoldshofen und Burk befand, gestiftet. St. Sebastian ist bis heute eine Filialpfarrei von St. Michael mit eigener Kirchenstiftung und eigener Kirchenverwaltung. Während die Weiler Selbensberg, Hagmoos und Gehren, die später dann auch zur politischen Gemeinde Bertoldshofen zählten, von Anfang an bei der Pfarrei St. Michael waren, wurde der Gemeindeteil Hausen kirchlich erst 1830 von Altdorf nach Bertoldshofen umgepfarrt.
Die politische Gemeinde Bertoldshofen verlor im Zuge der Gebietsreform 1972 ihre Eigenständigkeit und wurde an die Stadt Marktoberdorf angeschlossen. Mit dem Tod von Dekan Josef Greinwald 1980 endete auch die lange Geschichte der im Bertoldshofener Pfarrhof ansässigen Geistlichen. Die Pfarrei St. Michael bildete fortan mit Bidingen (neuer Pfarrsitz) und Bernbach eine Pfarreiengemeinschaft. Zum 1. September 2018 hat die pastorale Raumplanung der Diözese nun auch die kirchliche Gemeinde Bertoldshofen Marktoberdorf zugeführt.
Bis auf Selbensberg und Gehren weist jeder Ort der Pfarrei ein stattliches Gotteshaus auf. Allen voran natürlich die Pfarrkirche St. Michael in Bertoldshofen, die das Ortsbild mit seinen mächtigen Dimensionen prägt. Wohl schon seit dem hohen Mittelalter stand auf dem Schwemmkegel oberhalb der Geltnach ein Gotteshaus. Ab 1680 wurde der gotische Bau unter Pfarrer Johann Lutz umgebaut und im barocken Stil umgestaltet. Ein Blitzeinschlag 1720 gab dann (endgültig) den Anlass, einen groß angelegten Neubau anzugehen, auch wenn Turmuntergeschoss und vermutlich die Kernmauern des Chores nach wie vor aus dem Mittelalter stammen. Denn Lutz hatte eine Bruderschaft zur besonderen Verehrung des heiligen Antonius von Padua gegründet, der auch zum zweiten Patron der Kirche wurde. Diese Vereinigung hatte schnell großen Zulauf, 1785 etwa sprechen die Quellen von über 26000 Mitgliedern. So wich die Dorfkirche auf besonderes Betreiben des Pfarrers Johann Ulrich Julius größtenteils einer stattlichen Wallfahrtskirche, deren Planung der aus Oberdorf stammende Johann Georg Fischer übernahm. In Fischers Verantwortung lag auch der barocke Neubau der dortigen Pfarrkirche St. Martin und des benachbarten Schlosses. In Bertoldshofen schuf Fischer spätestens ab 1727 einen Bau, der mit seiner fünffachen Überkuppelung im Inneren ganz bewusst Bezüge zur Grabeskirche des heiligen Antonius in Padua herstellen sollte. Die größtenteils vorzügliche Ausstattung tut ein Übriges zur überwältigenden und doch volksnahen Wirkung dieses Gotteshauses.
Während St. Michael ab Mitte der 1990er-Jahre in einem Kraftakt innen und außen umfassend saniert worden ist, bereiten die weiteren kirchlichen Gebäude in Bertoldshofen derzeit Sorgen. Die Ende des 17. Jahrhunderts entstandene Kapelle St. Rochus an der Bundesstraße nach Schongau, die als Aussegnungshalle genutzt wird, harrt einer Sanierung. Vor allem aber der unter Pfarrer Julius 1766/67 erbaute Pfarrhof und der benachbarte Pfarrstadel sind denkmalpflegerische Problemfälle. Der Pfarrhof, in dem sich die Gruppenräume der Pfarrei befanden, ist gesperrt, weil die Statik des Gebäudes problematisch ist und sich Teile der Decken ablösen können. Seit etlichen Jahren wird begutachtet sowie eine mögliche Sanierung und künftige Nutzung geplant – bisher allerdings ohne Ergebnis. Dies ist eine der zahlreichen Aufgaben der Kirchenverwaltung mit ihrem Kirchenpfleger Josef Stoß, die regelmäßig zusammen mit der Kirchenverwaltung der Burker Pfarrei St. Sebastian tagt.
Die Kirche dieser Filialpfarrei wurde in ihrer heutigen Form um 1500 erbaut, Mitte des 18. Jahrhunderts niveauvoll barock umgestaltet und 1835 vergrößert. Die frisch sanierte Kapelle St. Isidor in Hausen ist ein Bau aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, der anstelle eines gotischen Vorgängerbaus errichtet wurde. Die qualitätsvolle Ausstattung stammt aus der Erbauungszeit. Ebenfalls nach einer Renovierung in neuem Glanz erstrahlt die Marienkapelle in Hagmoos. Diese wurde 1762/1763 erbaut und ebenso wie das Hausener Gotteshaus vom Kaufbeurer Freskanten Joseph Anton Walch ausgemalt. Deckengemälde und Altar der Hagmooser Kapelle zeigen Abbildungen der Einsiedler Muttergottes.
Freilich stehen nicht nur diese geschichtsträchtigen, steinernen Zeugen für die Pfarrei Bertoldshofen, sondern auch ein reges, gegenwärtiges Gemeindeleben. Die großen kirchlichen Feste werden nach wie vor unter großer Anteilnahme der örtlichen Vereine und Gruppierungen gefeiert. Der Katholische Frauenbund organisiert zahlreiche Aktivitäten, besonders beliebt sind die regelmäßigen Seniorennachmittage. Der Kirchenchor unter der Leitung von Jürgen Lehmann übernimmt nicht nur die festliche Gestaltung zahlreicher Gottesdienste, sondern wagt sich immer wieder auch an außergewöhnliche musikalische Projekte. Eine stattliche Ministrantenschar unterstützt den Bertoldshofener Mesner Thomas Osterried. Dazu kommen zahlreiche Lektoren und Kommunionhelfer sowie ein Team von Müttern, das regelmäßig Kindergottesdienste gestaltet. Schließlich hat sich nach der jüngsten Wahl ein deutlich verjüngter und vergrößerter Pfarrgemeinderat unter dem Vorsitz von Jürgen Lehmann zusammengefunden, der sich intensiv mit den pastoralen Herausforderungen beschäftigt, die sich durch den Beitritt zur Pfarreiengemeinschaft Marktoberdorf ergeben.
Martin Frei
Kapellen in der Pfarrei Bertoldshofen
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