Fest der Demokratie
Sehnsucht nach Einheit und Frieden Am 3. Oktober haben sich bei dem Fest der Demokratie evangelische Johanneskirche und katholische Pfarreiengemeinschaft Marktoberdorf gemeinsam präsentiert. Das gemeinsame Auftreten der Kirchen hier in Marktoberdorf soll ein Zeichen der Verbundenheit sein. Ökumene heißt heute nicht mehr nur Zusammenarbeit von evangelisch und katholisch. Es geht um die ganze Menschheitsfamilie. „Heute sagt Gott nicht mehr, wie zum heiligen Franziskus von Assisi, bau meine Kirche wieder auf. Sie liegt in Trümmern. — - Heute sagt er: Geh in die Welt und baue die Menschheitsfamilie wieder auf, sie liegt in Trümmern.“ (Tomas Halic)
Demokratie braucht Religion So der Titel eines Buchs des Soziologieprofessors Hartmut Rosa. Dort schreibt er: Demokratie funktioniert nicht im Aggressionsmodus. Früher habe ich gesagt, Demokratie funktioniert nur, wenn jeder eine Stimme hat, die hörbar gemacht wird. Es reicht nicht, dass wir eine Stimme haben, die gehört wird, ich brauche auch Ohren, die die anderen Stimmen hören und ein hörendes Herz, das die anderen hören und ihnen antworten will. Ein solch hörendes Herz fällt aber nicht vom Himmel. Kirchen verfügen über Narrationen, über ein kognitives Reservoir, über Riten und Praktiken, über Räume, in denen ein hörendes Herz eingeübt und vielleicht auch erfahren werden kann. König Salomon wünscht sich von Gott ein hörendes Herz, damit er gut regieren kann. Unsere Gesellschaft braucht mehr denn je das gute Zuhören. Die Bereitschaft für Gespräche die ergebnisoffen sind. In denen wir bereit sind voneinander zu hören.
Auf den Punkt bringen es unsere jüdischen Mitschwestern und Mitbrüder in einer chassidischen Geschichte: Rabbi Pinchas stellt seinen Schülern die scheinbar einfache Frage, wann die Nacht endet und der Tag beginnt. „Das ist, wenn es hell genug ist, um einen Hund von einem Schaf zu unterscheiden“, schlägt einer vor. „Das ist, wenn wir einen Maulbeerbaum von einem Feigenbaum unterscheiden können“, argumentiert ein anderer. „Das ist der Moment“, antwortet Rabbi Pinchas, „in dem wir im Gesicht eines jeden Menschen unseren Bruder und unsere Schwester erkennen. Solange wir das nicht können, ist es noch Nacht.“ Dr. Florian Kautzky |
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