Alwin Holdenrieder
Jeder Abschied ist eine Zäsur putty , und eine vollendete Gegenwart bleibt als
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Und wenn nun Hochwürdiger Herr Geistlicher Rat Alwin Holdenrieder in das Privatissimum seiner letzten Lebensphase geht, dann ist auch für Rieder eine Ära beendet, die Ära eines „betreuten“ Glaubensweges durch seine Sonntagsgottesdienste. Alwin Holdenrieder hat seinen Ruhestand umgeformt in eine fast 30jährige beständige Wanderung zu den Zentren, in denen Gottesnähe gesucht wurde. Das war bis zur Schließung das Krankenhaus Marktoberdorf und parallel dazu St. Joseph in Rieder mit seiner Bevölkerung auch aus Heiland, Osterried, Sippholz und Weißen. Und obwohl er im Krieg durch eine Verletzung die Funktion eines Auges eingebüßt hat, die Tiefenschärfe seiner Glaubens- und Weltsicht hat dadurch nicht gelitten. Er hat mit einem(1) Auge und mit einem Herzen gesehen, wahrgenommen und gefühlt. Daher wurde er in St. Joseph gleichsam eingemeindet. Doch der wahre Ort eines Priesters ist nicht so sehr das physische Reich des Lebens und des Alltags, sondern ist vielmehr die jenseitige Welt, er ist dem Mysterium Gottes verpflichtet, muss also mit den geistigen Flügeln dem Himmel nahe sein. Er ist in seiner Gemeinde Transformator des Glaubens Die Lebensarbeit, die Glaubensverkündigung und die Seelsorge von Alwin Holdenrieder geschah an einer schwierigen und an einer unendlichen Baustelle, denn die Glaubenszuversicht, für Geistliche wie für Laien, gibt es nicht mühelos, gleichsam im Tagebau, sie muss bei uns Laien auch im dunklen Seeleninneren erarbeitet werden. Aber dabei werden auch immer die Zweifel freigelegt, die Skepsis gegenüber Verheißungen und auch mal die Ablehnung gegenüber dem Unfassbaren des Glaubens. Und dabei könnte fast auch die mythologische Figur des Sisyphus zur Schar der Heiligen gezählt werden, weil er beharrlich den oft mühseligen Weg des Geistlichen Rates begleitet. Und als Resümee bleibt: Es gibt keine sturmfreie Glaubensidylle und keine behaglichen Evangelien, es gibt für jeden immer nur wieder einen Neuanfang. Das liegt aber doch vermutlich an unserer Zwischenexistenz des Unfertigen, dass wir alle immer unterwegs sein müssen und dass Irrwege durchaus eingeschlossen sind. Alwin Holdenrieder hat uns immer das überzeugend vorgemacht, was Papst Benedict XVI. als eine Kernaufgabe der Kirche eingefordert hat, nämlich den Glauben „leuchtend und einleuchtend“ zu erklären. „Leuchtend“ – wäre zu verstehen als authentisch und mit innerem Feuer beglaubigt, „einleuchtend“ bezieht sich auf die theologische Substanz seiner Predigten. Wir in der Filialkirche St. Joseph konnten jeden Sonntag die „Worte des Apostels Alwin an die Riederer“ genießen, die er mentalitätskundig, übersichtlich und damit begreifbar hielt. Und ich darf vermuten, dass ihn eine besondere Affinität, also gleichsam eine innere Verwandtschaft mit Rieder verband, denn „Nomen est omen“: Hold den Riederern gesinnt sein, das war offensichtlich einerseits namensgeprägt und andererseits Teil seiner Lebenslinie. Wir wissen, dass sein unermüdlicher sonntäglicher Einsatz keine Selbstverständlichkeit war, und daher verbinden wir mit seinem Abschied einen sehr, sehr tief bewegten Dank, und es reizt mich zu rufen: „ Alwin – santo subito!!! “Klaus Romberg |