Reporter vom Allgäuexpress: „Guten Abend, Herr Kaplan! Vielleicht erinnern Sie sich: Wir haben ihnen angeboten, dass wir über das Evangelium als Sonderausgabe einen Beitrag bringen.
Im heutigen Evangelium sagt Jesus: Folgt mir nach, “Ich werde euch zu Menschenfischern machen. Von Menschenfischern habe ich noch nie was gehört, wohl von Menschenfressern. Was meint Jesus damit?”
Kaplan: „Das ist ganz einfach. Ein Menschenfischer ist einer, der Menschen für Jesus gewinnen will.“
Reporter: „Aber warum ausgerechnet das Bild vom Fischer, vom Menschenfischer? Hängt das vielleicht damit zusammen, dass die Christen freitags nur Fisch essen?”
Kaplan: „Nein, natürlich nicht. Das hängt zunächst damit zusammen, dass die ersten Jünger Jesu, Petrus, Andreas, Jakobus, Johannes, Fischer am See Genezareth waren. Darum hat Jesus dieses Bild vom Fischer wohl aufgegriffen und hat daraus das Bildwort vom Menschenfischer gemacht.“
Reporter: „Ja aber Herr Kaplan, das ist aber doch ein Bild, das heute niemand mehr versteht oder?“
Kaplan: „Vielleicht, aber wenn man darüber nachdenkt, dann hat der Beruf eines Fischers viel mit einem Jünger gemeinsam, der Menschen für Jesus gewinnen will.
Fischer werfen das Netz aus und fangen auf einmal viele Fische ein.
Und es gibt Menschenfischer, die bekommen von Gott ein Netz in die Hand gedrückt. Wenn sie das Netz auswerfen, können auch sie auf einmal ganz viele Menschen für Jesus gewinnen. Da fällt mir der hl. Apostel Petrus ein. Als er einmal zu Pfingsten gepredigt hat, haben sich 3000 Menschen bekehrt.“
Reporter: „Es geht also darum, möglichst viele Fische zu fangen? Oder möglichst viele Menschen für Jesus zu gewinnen?“
Kaplan: „Nicht nur; die meisten bekommen von Gott nicht ein Netz in die Hand gedrückt, sondern eine Angel. Und mit einer Angel kannst Du immer nur einen Fisch nach dem anderen fangen.“
Reporter: „Das scheint mir aber doch ganz schön schwierig?“
Kaplan: „Ja, als Angler muss man schon ein paar wichtige Regeln beachten.
Wenn man Fische fangen will, dann muss man dahingehen, wo Fische sind. In einem Weiher, wo keine Fische sind, wirst du auch keine fangen.
Du musst dahin gehen, wo Fische sind. Das gilt auch, wenn man Menschen für Jesus gewinnen will. Man muss da hingehen wo Menschen sind.“
Reporter: „Beißen Fische eigentlich immer an?“
Kaplan: „Leider nicht, es gibt Zeiten, da beißen die Fische einfach nicht an, aber es gibt auch andere Tage, da beißen sie sofort.
Wenn man Menschenfischer wird, wenn man Menschen für Jesus gewinnen will, dann ist das genauso.
Es gibt Zeiten im Leben eines Menschen, da sind die einfach nicht offen für Jesus. Und dann gibt es wieder andere Zeiten, da reagieren sie sofort auf die erste Verkündigung.“
Reporter: „Was kann man da machen?“
Kaplan: „Manchmal muss man einen Tag vor dem eigentlichen Angeltag die Fische anfüttern, dann wissen sie, da gibt es etwas Gutes zum Fressen. So ist es auch bei den Menschen. Man muss appetitanregende Maßnahmen ergreifen. Man muss die Leute auf den Geschmack bringen, damit sie merken, dass es sich lohnt, zu Jesus zu kommen.“
Reporter: „Fische beißen ja auch nicht bei jedem Köder an oder?“
Kaplan: „Das stimmt, nicht jeder Fisch reagiert auf den gleichen Köder. Es gibt Fische, da brauchst du einen Wurm am Angelhaken. Es gibt andere Sorten von Fischen, da muss ein aufgeweichtes Brotstückchen am Angelhaken sein, damit die Fische anbeißen. Und wenn du einen kapitalen Hecht fangen willst, dann musst du vorher einen kleinen Fisch fangen, der an den Angelhaken kommt. Auf einen Wurm reagiert ein Hecht nicht.“
Reporter: „Ja, aber wie ist das bei Menschen?“
Kaplan: „Bei Menschen die man für Jesus gewinnen will, ist es oft ähnlich. Nicht alle Menschen reagieren auf den gleichen „Köder”. Es gibt Menschen, die sich z.B. sehr für die Bibel interessieren. Für die muss man eben einen Bibelkreis anbieten. Man muss sehr darauf achten, worauf die Leute reagieren. Das ist auch heute wichtig, wenn man Menschenfischer sein will.“
Reporter: „lch denke, Fische beißen oft ja nicht sofort an?“
Kaplan: Oh ja, die wichtigste Eigenschaft, die ein Angler wohl haben muss, ist Geduld. Da hast du die Angel ausgeworfen in den See oder in einen Fluss, und dann heißt es: Warten, warten, warten, … irgendwann wird es schon langweilig. Und dann plötzlich beißt einer an. Dann musst du schnell sein, die Leine anziehen und den Fisch rausholen. Beim Menschenfischen muss man viel Geduld haben. Man muss warten können, bis ein Mensch soweit ist, dass er für Jesus gewonnen werden kann.“
Reporter: „Wie bringt man denn die Fische aus dem Wasser?“
Kaplan: „Wenn man einen dicken Hecht an der Angel hat, dann darf man den nicht sofort an Land ziehen. So ein Hecht reißt sich sonst los und verletzt sich dabei sogar noch. Nein, dem muss man erst lange Leine lassen. Der muss sich erst austoben, und dann, wenn er müde geworden ist, kannst du ihn an Land ziehen.
Das ist bei Menschen auch so. Wenn man Menschen für Jesus gewinnen will, dann hat einer vielleicht schon „angebissen”: er ist in seinem Herzen schon angerührt worden. Aber er braucht vielleicht noch eine lange Leine, dass er sich gut dafür entscheiden kann. Aber irgendwann kannst du ihn endgültig für Jesus gewinnen.“
Reporter: „lch habe jetzt schon gesehen, es ist nicht ganz leicht Menschenfischer zu sein.“
Kaplan: Ja, das stimmt — aber das geht allen so. Petrus und die anderen Jünger haben eine ganze Nacht erfolglos gefischt; erst auf das Wort Jesu hin war ihr Fischfang erfolgreich. Damit möchte Jesus uns zeigen, dass wir auf ihn schauen sollen. Bei ihm dürfen wir in die Lehre gehen. Wir dürfen mit ihm gehen, ihm nachfolgen und bei ihm abschauen, wie man Menschen für den Glauben gewinnen kann. Alleine schafft das keiner. Jesus sagt zu Petrus: „Fürchte dich nicht!“ Petrus soll auf Jesus vertrauen. Jeder der Menschenfischer sein will, also Leute für Jesus gewinnen will, braucht das Handwerkzeug; er braucht aber auch die Verbundenheit mit Jesus. An einer anderen Stelle im Evangelium sagt Jesus: „Getrennt von mir, könnt ihr nichts vollbringen.“ Jesus nachfolgen, auf sein Wort hören, auf sein Wort vertrauen, wie es Petrus getan hat, dann kann der Fang erfolgreich sein, auch wenn man viel Geduld braucht.“
Reporter: „Lieber Herr Kaplan, das war jetzt ja sehr interessant. Jetzt weiß ich, was es bedeutet Menschenfischer zu werden. Jetzt kann ich meinen Artikel schreiben. Ich danke ihnen ganz herzlich.“
Kaplan: „Moment, ich habe noch einen konkreten Geheimtipp für Sie. Erzählen Sie ihn bitte niemand weiter. Sie haben bestimmt schon einmal gehört, dass der Erfolg eines Fischfangs auch vom Wetter abhängt? So ist es auch beim Menschenfischen. Man braucht gutes Wetter. Und um gutes Wetter kann man beten – beten, beten und nochmals beten. Amen.“ |